Norbert Möslang
Störfaktorischer Auftakt: Norbert Möslang knackt die elektronischen Alltagsgeräusche wieder in der Hütte!
Divide And dissolve
Mit Divide And Dissolve wirds gewittrig am Märzfest, im besten Sinne natürlich. Die australische Doom-Metal-Band um Takiaya Reed erzählt (fast) wortlos Geschichten von Kolonialismus, Schmerz, systematischer Unterdrückung. Reed vermittelt durch ihre Arbeit eine Politik der Dekolonialisierung und schafft damit Visionen einer befreiten Zukunft. Dringlich, kompromisslos und direkt füllen Divide And Dissolve jegliche Räume bis in alle Fugen. Langsam und kraftvoll nähert sich die Doom-Drone. Eine dichte Wand, präzise gebaut aus Gitarren, Lärm, Drums bewegt sich unmittelbar durch Brust und Bauch und stürzt über uns herein. Wir bleiben aber nicht unter ihren Trümmern begraben. Sie reichen uns und all jenen, die tagtäglich von systematischer Unterdrückung betroffen sind, die Hand zur Selbstermächtigung. Divide And Dissolve vermitteln eben jene Gefühle, die mittels Worte vielleicht zu abstrakt wären. Diese Direktheit macht ihre Botschaft umso zugänglicher. Divide And Dissolve ist ein lauter Protest, unausweichlich durch brutale Ehrlichkeit.
Cruise Ship Misery
Brutto Inland Netto Super Clean ist nebst einer verwildernden Nebeneinanderreihung
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Norbert Möslang
Störfaktorischer Auftakt: Norbert Möslang knackt die elektronischen Alltagsgeräusche wieder in der Hütte!
Divide And dissolve
Mit Divide And Dissolve wirds gewittrig am Märzfest, im besten Sinne natürlich. Die australische Doom-Metal-Band um Takiaya Reed erzählt (fast) wortlos Geschichten von Kolonialismus, Schmerz, systematischer Unterdrückung. Reed vermittelt durch ihre Arbeit eine Politik der Dekolonialisierung und schafft damit Visionen einer befreiten Zukunft. Dringlich, kompromisslos und direkt füllen Divide And Dissolve jegliche Räume bis in alle Fugen. Langsam und kraftvoll nähert sich die Doom-Drone. Eine dichte Wand, präzise gebaut aus Gitarren, Lärm, Drums bewegt sich unmittelbar durch Brust und Bauch und stürzt über uns herein. Wir bleiben aber nicht unter ihren Trümmern begraben. Sie reichen uns und all jenen, die tagtäglich von systematischer Unterdrückung betroffen sind, die Hand zur Selbstermächtigung. Divide And Dissolve vermitteln eben jene Gefühle, die mittels Worte vielleicht zu abstrakt wären. Diese Direktheit macht ihre Botschaft umso zugänglicher. Divide And Dissolve ist ein lauter Protest, unausweichlich durch brutale Ehrlichkeit.
Cruise Ship Misery
Brutto Inland Netto Super Clean ist nebst einer verwildernden Nebeneinanderreihung von Wörtern der Titel des Liederbuchs des Pop-Kollektives um Sarah Elena Müller. Die Autorin schreibt darin Kurzgeschichten über Imperfektionen und Selbstachtung, innere Gemütszustände und einen disruptiven Umgang damit. Dazu findet sich immer eine passende Illustration von Luca Schenardi und ein Liedtext von Bandkollegin Milena Krstić alias Milena Patagonia. Das Werk ist ein mediales Brimborium, büsst aber keineswegs an Relevanz ein. Zusammen mit Johannes Werner am Schlagzeug wird es live zu einer nüchtern-kritischen Auseinandersetzung, die die Aufmerksamkeit des Publikums völlig einzuziehen vermag. Dabei hallen die Texte nicht in einem pessimistischen Gewand nach, umhüllt vom Synthie-Pop folgt das multimediale Erlebnis einem erstrebenswerten Leitsatz, den der Kurzbeschrieb verrät: Je verhängnisvoller die Lage, desto nachdrücklicher wird das Unbehagen zur Party erhoben.
Elias Rønnenfelt
Americana muss nicht nach endlosen Highways und Cowboy-Romantik klingen. Vielleicht tragen europäische Städte, egal ob in der Ostschweiz oder in Skandinavien, ihre eigene Form von Staub, einfach kühler und nasser. Vielleicht lässt sich Americana genauso in Kopenhagen by night finden, in spiegelnden Regenpfützen, in Neonbuchstaben über geschlossenen Bars, im Fahrrad, das auf dem Nachhauseweg aufgegeben wurde. Und vielleicht ist genau das der Trick von Elias Rønnenfelt: Nostalgie funktioniert ortlos. Sie lässt sich in der Lunge spüren, wenn Wind vom Hafen bläst oder durch das Tal der Demut fegt, genauso wie auf der staubigen Landstrasse im Nirgendwo. Mit seiner Band Iceage hat er den Post-Punk zerfurcht und neu zusammengesetzt, mit seinem Soloprojekt legt er den Lärm neu aus. Seine Songs wandern durch Europa, durch Erinnerungen, durch emotionale Schlaglöcher. Sie wirken persönlich und lassen den Melodien immer viel Platz zum Wirken und Wachsen. Auf seinen beiden Alben Heavy Glory und Speak Daggers – die auf dem so das-ist-ja-wirklich-new-popmusic-verlässlichen Label Escho (unter anderem Smerz, Astrid Sonne, Fine, Molina) erschienen sind – zieht er in Liedern, die in Wohnzimmern, Kapellen, Zügen und Waldlichtungen entstanden sind, Linien zwischen Intimität und Überdruck. Die countryeske Form wird mit Ideen aus Pop, Punk, Trip-Hop und Dub immer verbreiterter und offener. Und im Zentrum bleibt der unverwechselbare Sog seiner rauen, hellen Baritonstimme.
Sami Galbi
Es wird alles immer düsterer auf dieser Welt, das stimmt. Aber früher war eben auch nicht alles besser, ähm, wie auch immer – also raus aus dem Jammertal und zum Beispiel ist es doch einfach nur wunderbar, dass CH-Musik eben nichts mehr unbedingt mit Schweizer Musik zu tun haben muss; mit geschnitzten Kühen und ebenso kantig geschnitzten Mannsbildern. Sami Galbi aus Lausanne bewegt sich in der alternativen Westschweizer Musikszene, die schon länger breiter in die Welt hinausstrahlt, als das seligste Paléo-Publikum morgens um halb drei. Der Multiinstrumentalist treibt die traditionellen nordafrikanischen Musikstile Raï und Chaâbi durch seine Geräte und fertigt eine zeitgenössische, äusserst tanzbare Version dessen an, was er in seiner Kindheit auf der Strasse aufgeschnappt hat. Galbi ist beim grossartigen Label Les Disques Bongo Joe untergekommen und mittlerweile in ganz Europa unterwegs, schön, legt er in St.Gallen einen Zwischenstopp ein.
NikNak (DJ)
Eine Subkategorie der "Turntablists" einzuberufen, um innerhalb der DJ-Szene jene, die mit Platten auflegen, von allen anderen zu unterscheiden, riecht erstmal nach nostalgischer Klassifizierung. Von vielen wird sie auch als solches vorangetrieben – das echte Handwerk, die Kunst und Skills. Sie ist aber auch eine Sprache des Undergrounds, eine Praxis der Rave-Kultur, gerade in den Tiefen der UK. NikNak ist fliessend in dieser Sprache und beinahe eine Turnübung, flippt sie ihre Hände über die Scheiben und Knöpfe und lässt dabei die grossen Dubstep-Hymnen, die dreckigsten Grime-Tracks und schnellsten Breakbeat-Songs erklingen. In ihren eigenen Produktionen erweitert sie den afrofuturistischen Kosmos und ist hier und da auf Line-Ups beispielsweise zusammen mit Loraine James zu finden. Aber Schluss mit den Namen und übergeordneten Themen. Dann und wann dürfen die Rewinds und das Scratchen reiner Clubtracks genossen werden – mit NikNak an den Turntables kommen da alle auf ihre Kosten.
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