Seit 2023 arbeitet der renommierte Schweizer Künstler Reto Boller (*1966 in Zürich) an einem Langzeit-Kunstprojekt im Rahmen der Gesamtsanierung des Museums Langmatt. Wie bereits seine Arbeit «Kolonnade» im Frühling 2025 präsentiert er auch seine neue Arbeit «ganz unten» bewusst nur für einen Augenblick.
Mit bemerkenswertem Spürsinn öffnet Reto Boller in seiner neuen Arbeit eine überraschende Sicht auf das alte, kunsthistorische Thema des Sockels. Vier tonnenschwere Kransockel aus Beton verwandeln sich vor dem Haupteingang der Langmatt als Readymades in eine vielstimmige Intervention. Während eines kurzen Zeitfensters nach der Demontage des Baukrans und vor dem Abtransport der Sockel stellen sich hintergründige Fragen, ohne dass hierfür etwas neu gebaut oder umgebaut werden musste, insofern relevant, da Beton als bedenklicher CO2-Auslöser gilt.
An einem Ort von explizit kunsthistorischer Bedeutung verweisen die profanen Sockel auf die überkommene Pathosformel von Sockeln im Kunstkontext, um Wertvolles noch wertvoller erscheinen zu lassen. Der Titel «ganz unten» lässt hingegen an die Enthüllungspublikation von Günter Wallraff denken, der 1986 die Ausbeutung illegal eingeschleuster Arbeiter anprangerte. Der eigentliche Nutzniesser der Sockel ist jedoch verschwunden:
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Seit 2023 arbeitet der renommierte Schweizer Künstler Reto Boller (*1966 in Zürich) an einem Langzeit-Kunstprojekt im Rahmen der Gesamtsanierung des Museums Langmatt. Wie bereits seine Arbeit «Kolonnade» im Frühling 2025 präsentiert er auch seine neue Arbeit «ganz unten» bewusst nur für einen Augenblick.
Mit bemerkenswertem Spürsinn öffnet Reto Boller in seiner neuen Arbeit eine überraschende Sicht auf das alte, kunsthistorische Thema des Sockels. Vier tonnenschwere Kransockel aus Beton verwandeln sich vor dem Haupteingang der Langmatt als Readymades in eine vielstimmige Intervention. Während eines kurzen Zeitfensters nach der Demontage des Baukrans und vor dem Abtransport der Sockel stellen sich hintergründige Fragen, ohne dass hierfür etwas neu gebaut oder umgebaut werden musste, insofern relevant, da Beton als bedenklicher CO2-Auslöser gilt.
An einem Ort von explizit kunsthistorischer Bedeutung verweisen die profanen Sockel auf die überkommene Pathosformel von Sockeln im Kunstkontext, um Wertvolles noch wertvoller erscheinen zu lassen. Der Titel «ganz unten» lässt hingegen an die Enthüllungspublikation von Günter Wallraff denken, der 1986 die Ausbeutung illegal eingeschleuster Arbeiter anprangerte. Der eigentliche Nutzniesser der Sockel ist jedoch verschwunden: der Baukran. Warum ist er nicht selbst zum Kunstwerk geworden und zieht es vor, abwesend zu schweigen? Ohne den Kran entfalten die Sockel eine bemerkenswerte skulpturale Präsenz und oszillieren zwischen der Minimal Art der 1970er Jahre und massiven Wegsperren zur Sicherung gefährdeter Gebiete.
«ganz unten» beleuchtet gesellschaftliche Bewertungsmassstäbe und bietet nicht ohne eine Prise Humor während einer Stunde reichlich Stoff zum Denken und Diskutieren.
15.15 Uhr: Einführung durch Markus Stegmann, Direktor Museum Langmatt
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