Für ihr Konzert hat die Dirigentin Elena Schwarz gemeinsam mit der Basel Sinfonietta eine starke Erzählung entworfen. Im Zentrum stehen traumatische Erfahrungen und Wege ihrer Bewältigung – von Frauen artikuliert, jedoch nicht auf eine ausschliesslich weibliche Perspektive beschränkt. Als Komponistin und Musiktherapeutin, unter anderem mit Tätigkeit in Psychiatrien und Gefängnissen, verbindet Joana Aderi musikalische Arbeit eng mit Fragen psychischer Erkrankung und Heilung.
Auch «I cannot love without trembling» von Cassandra Miller verlebendigt diesen thematischen Fokus. Der Titel des 2022 entstandenen Bratschenkonzerts, interpretiert von der in Basel lehrenden Geneviève Strosser, zitiert eine Briefzeile der französisch-jüdischen Philosophin Simone Weil: «Die menschliche Existenz ist ein so zerbrechliches Ding und solchen Gefahren ausgesetzt, dass ich nicht lieben kann, ohne zu zittern.»
Ein zentraler programmatischer Bezugspunkt ist «23 Days» von Amyra León, ein Auszug aus ihrer musiktheatralisch-poetischen Sinfonie «Blood & Thirst». Der Werktitel öffnet ein vielschichtiges Bedeutungsfeld: Er verweist auf historische, literarische und popkulturelle Kontexte, steht bei León jedoch vor allem für ihr zwanzigjähriges Martyrium bis zur Diagnose Endometriose. Sie beschreibt
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Für ihr Konzert hat die Dirigentin Elena Schwarz gemeinsam mit der Basel Sinfonietta eine starke Erzählung entworfen. Im Zentrum stehen traumatische Erfahrungen und Wege ihrer Bewältigung – von Frauen artikuliert, jedoch nicht auf eine ausschliesslich weibliche Perspektive beschränkt. Als Komponistin und Musiktherapeutin, unter anderem mit Tätigkeit in Psychiatrien und Gefängnissen, verbindet Joana Aderi musikalische Arbeit eng mit Fragen psychischer Erkrankung und Heilung.
Auch «I cannot love without trembling» von Cassandra Miller verlebendigt diesen thematischen Fokus. Der Titel des 2022 entstandenen Bratschenkonzerts, interpretiert von der in Basel lehrenden Geneviève Strosser, zitiert eine Briefzeile der französisch-jüdischen Philosophin Simone Weil: «Die menschliche Existenz ist ein so zerbrechliches Ding und solchen Gefahren ausgesetzt, dass ich nicht lieben kann, ohne zu zittern.»
Ein zentraler programmatischer Bezugspunkt ist «23 Days» von Amyra León, ein Auszug aus ihrer musiktheatralisch-poetischen Sinfonie «Blood & Thirst». Der Werktitel öffnet ein vielschichtiges Bedeutungsfeld: Er verweist auf historische, literarische und popkulturelle Kontexte, steht bei León jedoch vor allem für ihr zwanzigjähriges Martyrium bis zur Diagnose Endometriose. Sie beschreibt die Erkrankung als systemische Autoimmunerkrankung, die den gesamten Körper betrifft und häufig über Jahre unentdeckt bleibt. Dieser Körper wird im Werk selbst zum Orchester: Es löst sich stellenweise vom Libretto, handelt eigenständig und legt offen, «was der Körper jenseits der Sprache weiss». «23 Days» wurde von Amyra León komponiert und textiert, die Orchestrierung stammt von Eliana Echeverry.
Um das Hörbarmachen fragiler, gebeutelter Existenzen geht es auch in «Una Mujer Derramada » («A Woman Spilled», 2019) von Sivan Eldar. «In viele übergehen und sich doch als Einheit bewegen», heisst es programmatisch. Der Text stammt von Amyra León, die das Werk in enger Zusammenarbeit mit Eldar mitentwickelt hat und auch den Gesangspart gestaltete. Die Figur der Frau zwischen Identität und Fremdbestimmung bildet einen zentralen Themenkomplex im Schaffen Eldars, etwa auch in ihrer Kammeroper «Like Flesh» (2022), einer zeitgenössischen Umdeutung von Ovids «Metamorphosen».
Einen unerhörten Rausch an Kraft und Energie entfaltet «sugarcoating #4» von Sara Glojnarić. Die gebürtige Kroatin gilt als «Rising Star» der jüngeren Komponist*innengeneration; bei den Donaueschinger Musiktagen 2024 wurde sie mit dem Orchesterpreis des SWR-Symphonieorchesters ausgezeichnet. Mit «sugarcoating #4» (2022) endet der vierteilige «Sugarcoating»-Zyklus: Klangfetische aus der Popmusik werden hier radikal zugespitzt – eine hochenergetische, bewusst überreizte Klanglandschaft.
Sivan Eldar: Una mujer derramada - Schweizer Erstaufführung
Cassandra Miller: I cannot love without trembling - Schweizer Erstaufführung
Joana Aderi: Lizard - Uraufführung
Amyra León: 23 Days - Uraufführung
Sara Glojnarić: sugarcoating #4
Amyra León, Sängerin
Geneviève Strosser, Bratschistin
Elena Schwarz, Dirigentin
Basel Sinfonietta
Mit Unterstützung der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia
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